Wie oft hat man das Gefühl, das Leben ist irgendwie stehen geblieben. Man kommt nicht weiter und hat keine Freude mehr an Kleinigkeiten. Freunde zu treffen, morgens aufzustehen und den Alltag zu bewältigen sind eine große Herausforderung. Man fühlt sich traurig und verloren. Manchmal kommt einer und sagt :“Mach doch mal eine Therapie.“ Man selber winkt dann ab und denkt: „Sowas brauche ich nicht. Ich bin doch nicht verrückt.“
Ich möchte hier meine Geschichte erzählen. Auch ich mache eine Therapie und würde ohne diese Hilfe jetzt nicht hier sitzen und aus meinem Leben berichten. Für viele, die mich persönlich kennen, wird es das erste Mal sein, dass sie Einblicke aus meiner Gedankenwelt erhalten.
Seit einigen Jahren habe ich festgestellt, dass ich mich sehr verändert habe. Ich war ständig müde, hatte kaum Energie den Alltag zu bewältigen. Nur der Gedanke, zur Arbeit gehen zu müssen, löste Angst in mir aus. Ich zog mich mehr und mehr aus den sozialen Kontakten zurück. Hinzu kamen auch körperliche Schmerzen, die mich kaum schlafen ließen. Ich wusste, so kann es nicht weitergehen. Ich brauchte Hilfe. Aber da war die Hemmschwelle. Gedanken, wie „Mich nimmt eh keiner ernst.“, „So schlimm kann das doch nicht sein.“, „Das wird schon wieder.“, haben noch viel mehr Zeit verstreichen lassen. Aber die Symptome wurden nicht besser. Irgendwann nahm ich allen Mut zusammen und habe bei einem Reha-Aufenthalt Kontakt zur dortigen Psychologin gesucht. Hier wurde ich das erste mal ernst genommen und man hatte mir wirklich zugehört. Sie diagnostizierte einen Verdacht einer depressiven Episode. Sie empfahl im Abschlussbericht das Aufsuchen eines Fachmanns/Fachfrau.
Jetzt kam die nächste Hürde. Wo finde ich jemanden, der mir helfen kann? Auch hier war es wieder eine Herausforderung Kontakt aufzunehmen. Schließlich war eines der Symptome, das Gefühl zu haben, nicht gut genug für andere zu sein. Es interessiert sich doch keiner für deine Probleme. Hier musste ich mir selber immer wieder sagen: „Du musst was ändern! Geh den nächsten Schritt!“
Bei der Suche eines Therapeuten/einer Therapeutin sollte man nicht ängstlich sein. Ich kannte keine Praxis in meiner Nähe und konnte niemanden nach seiner Erfahrung fragen. So habe ich im Internet recherchiert und einige Anbieter angeschaut. Dabei habe ich immer verglichen, was wünsche ich mir, was wird hier geboten. Ich hatte schnell einen passenden Platz gefunden und wurde zum Erstgespräch eingeladen. Das erste Treffen ist immer wichtig. Man lernt sich gegenseitig kennen und entscheidet nach diesem Termin, ob es Sinn macht zusammenzuarbeiten. Für mich war es wichtig Vertrauen zu meinem Gegenüber zu haben. Mir war klar, sehe ich keine Chance dieses Vertrauen aufzubauen, würde ich eine andere Praxis suchen.
Nach einer Vorstellrunde bat mich mein Therapeut, zu erzählen, warum ich zu ihm gekommen bin, und ich erzählte mein Anliegen. Im Gespräch hat man gemerkt, wie interessiert und mitfühlend er einem zugehört hat. Durch gezieltes Fragen habe ich von Erlebnissen berichtet, die ich sonst immer für mich behalten habe. Dass er dies geschafft hatte, war schon einer der Gründe, dass ich entschieden habe, hier bleibe ich.
Jetzt bin ich schon einige Zeit in Therapie und habe sehr viel gelernt. Besonders über mich. Durch das Auflisten der Erlebnisse in meinem Leben, die mich negativ beeinflusst haben, wurde mir erst bewusst, was ich alles schon erlitten habe. Mobbing im Kindergarten und Schule, Gewalt in einer früheren Ehe, Fehlgeburten, sowie Suche nach Akzeptanz und Liebe sind nur ein kleiner Teil der Erfahrungen. Durch Hilfestellung und auch Aufgabenstellung von meinem Therapeuten habe ich gelernt, über diese Geschehnisse zu reden und auch zu verarbeiten.
Ich habe angefangen mich selber zu lieben und wahrzunehmen. Mit einer Spiegelübung sage ich mir jeden Tag, dass ich gut so bin, wie ich bin. Meine Denkweise trainiere ich mit Glaubenssätzen um. Früher war mein Gedanke, ich bin nichts wert. Jetzt weiß ich, ich schaffe viel Wertvolles und freue mich auf neue gute Erfahrungen.
Aber diese Erfolge kann ich nur erhalten, wenn ich auch zwischen den Therapieterminen an mir arbeite. Hier bekomme ich nach jeder Sitzung „Hausaufgaben“ mit. Je stärker mein Wille ist, das Verhalten zu ändern, desto besser sind die Ergebnisse.
Ein Highlight für mich war das Arbeiten mit Hypnose. Hier geht es darum, tiefer in mein Unterbewusstsein zu schauen, da sich dort noch ein Thema befand, was noch nicht zum Vorschein kam. Für mich eine ganz neue Erfahrung. Erstaunt war ich, dass man während der Sitzung immer in Kontakt bleibt und immer unter Kontrolle hat, was um einen herum passiert. Während man nur der Stimme des Therapeuten folgt, geht man in Gedanken an verschiedene Orte und erledigt Aufgaben. Dabei erzählt man detailgenau, was man dort mit seinen Sinnen wahrnimmt. Schon nach zwei Sitzungen nehme ich bewusst Änderungen in meinem Verhalten wahr. es sind schon einige Blockaden aufgebrochen und ich entdecke einige Stärken wieder, die ich lange versteckt gehalten habe.
Ich habe schon einiges erreicht und bin stolz auf mich. Mein erster Schritt in ein neues Leben war das Starten dieses Blogs. Sei gespannt was sonst noch kommt. Ich werde auf jeden Fall davon berichten.
Du siehst, eine Therapie zu beginnen, wenn es einem nicht gut geht, ist der richtige Weg. Im Internet habe ich einen Satz gefunden, der eigentlich alles aussagt, was ich weitergeben möchte:
Zur Therapie zu gehen, bedeutet nicht, dass du schwach oder verrückt bist. Im Gegenteil, es heißt, dass du stark genug bist, dich deinen Ängsten zu stellen und deine Probleme anzugehen.
Hast du noch Fragen zur Therapie oder brauchst du Tipps, wie du einen passenden Therapeuten/Therapeutin finden kannst, schreibe mich an. Die Kommentare werden nicht veröffentlicht.
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